Canard Saigon (German Edition) by Friesenhahn Harald

Canard Saigon (German Edition) by Friesenhahn Harald

Autor:Friesenhahn, Harald [Friesenhahn, Harald]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Leykam Verlag
veröffentlicht: 2013-03-27T23:00:00+00:00


Südindochina, Donnerstag, 26. April 1951, 12.00 Uhr

„Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord...“, dieser Ohrwurm verfolgte mich schon den ganzen Tag. Ich grinste, als mir die volle Ironie meiner Situation bewusst wurde. Wir lagen tatsächlich, aber nicht vor Madagaskar, sondern auf einem Hügel im Dschungel nordöstlich von Xom Ben Co. Kurz vor zehn Uhr waren wir auf unserer Patrouille auf die kleine Siedlung in dieser Dschungellichtung gestoßen.

Sergent-Chef Janos Detarant, der Gruppenführer unserer elf Mann starken Truppe, fand einen erstklassigen Beobachtungspunkt. In der Mitte eines kleinen Hügels boten uns eine Bodenwelle und der Dschungel perfekte Sicht auf die Siedlung und optimale Deckung vor unliebsamen Überraschungen. Ein kleiner Bach schlängelte sich durch die Lichtung. Auf der leicht ansteigenden rechten Seite des Flüsschens standen fünf Bambushütten. Auf der linken Seite, die einigermaßen eben war, hatten die Bewohner Reisfelder angelegt. Neben den Hütten tummelten sich ein paar Schweine, Ziegen und Hühner. In den zwei Stunden, seit wir die Siedlung beobachteten, hatten wir fast keine Dorfbewohner gesehen. Ein kleines Kind und eine alte Frau tauchten kurz auf und verschwanden wieder in einer Hütte. Männer waren scheinbar nicht im Dorf. Unsere Patrouille sollte mögliche Nachschubwege oder Waffenlager des Viet Minh auskundschaften. Die kleine Siedlung konnte sowohl ein winziges, harmloses Bauerndorf als auch ein Durchgangslager des Feindes sein.

Plötzlich war ich hellwach. Mein besonderes Gefühl für Gefahr jagte mir heiße Wellen durch den Körper. Ich signalisierte dem Rest der Gruppe mit Handzeichen, dass sie besonders aufmerksam sein sollten. Die langjährigen Kampfgefährten vertrauten mir blind – nur Horst Muler und Albert Hoffmann schauten sich verständnislos an und schüttelten den Kopf.

Im nächsten Moment sahen wir sie. Auf einem kleinen Dschungelpfad, etwa 30 Meter entfernt, tauchte eine Frau mit zwei Kindern auf. Sie waren offensichtlich auf dem Weg zum Dorf. Wegen dem großen, runden Bambushut konnte ich weder das Alter der Frau abschätzen noch ihr Gesicht erkennen. Plötzlich hörte ich seitlich hinter mir ein leises, metallisches Geräusch. Albert Hoffmann hatte soeben ein Magazin in sein Gewehr eingeschoben. Ich hielt den Atem an. Hatte die Frau das leise Klicken gehört? Sie hockte sich auf ihre Fersen und nestelte an der Kleidung eines Kindes herum. Ich war mir nicht sicher, aber mir schien, als ob sie ihren Kopf unmerklich in unsere Richtung drehte. Sie erhob sich und gab dem Kind einen leichten Klaps, zum Zeichen, dass sie ihren Marsch fortsetzen würden. Die Kleinen liefen voraus und die Frau folgte ihnen. Alle drei verschwanden in der ersten Hütte. Ich wusste nicht, was ich von dem Vorfall halten sollte, aber es blieb ein ungutes Gefühl in der Magengegend zurück. Nach weiteren zwei Stunden ohne besondere Vorkommnisse hatte Sergent-Chef Detarant genug und wir zogen ab.

Wir kämpften uns noch drei Stunden weiter durch den Dschungel in Richtung Ben Càt-Fluss, den wir am nächsten Tag erreichen sollten. Um 17 Uhr suchten wir einen geeigneten Platz für unser Nachtlager. Wir fanden eine Lichtung an einem kleinen Wasserfall, inmitten des unwegsamen Dschungels. Ich sah mich um. Die Stelle war nicht leicht zu verteidigen. Vielleicht waren es Hirngespinste, aber der Vorfall mit der Frau ging mir nicht aus dem Kopf.



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